Amprion hat Anfang Mai den Planfeststellungsantrag zum Bau der ersten direkten Stromverbindung als Höchstspannungsleitungstrasse zwischen Deutschland und Belgien als Erdkabel mit einer Übertragungskapazität von 1.000 MW bei der Bezirksregierung Köln auf der Basis der Entwurfs- und Genehmigungsplanung des IB Berg zur Genehmigung eingereicht.
Der politisch und gesellschaftlich geforderte Ausbau der Erneuerbaren Energien erfolgte in den vergangenen Jahren überwiegend durch die fluktuierenden Energien der Windkraft und Photovoltaik. Im Norden und Osten Deutschlands ist es zu großen Leistungszuwächsen gekommen, die den regionalen Energiebedarf bei weitem übersteigen. Infolge der politischen Ziele sowie der eingeleiteten Maßnahmen werden diese Leistungen und die zu übertragenden Energiemengen weiter steigen. Zum sicheren Transport der in diesen Regionen erzeugten Energiemengen in Regionen hoher Energieverbräuche ist daher der Ausbau des Übertragungsnetzes erforderlich. Das Projekt ALEGrO (Aachen Lüttich Electricity Grid Overlay) ist Teil des Ausbaues des 220/380-kV Übertragungsnetzes und daher im Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) als Erdkabel- und Pilotprojekt für die verlustarme Übertragung hoher Leistungen definiert.
Zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages plant die Amprion GmbH daher gemeinsam mit dem belgischen Übertragungsnetzbetreiber Elia den Bau der 320-kV Höchstspannungsgleichstromleitung zwischen Oberzier im Kreis Düren und Lixhe in Belgien. Für die Planung und Errichtung der Leitungsabschnitte in Deutschland, von Niederzier bis zum Grenzübergang Lichtenbusch, zeichnet die Amprion GmbH verantwortlich.
Die Leitung wird in der verlustarmen Technik der Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) geplant. Der Bau der Trasse erfolgt hierbei nicht als Freileitung, sondern entsprechend der gesetzlichen Vorgaben des BBPlG als Erdkabel. Im Gegensatz zum traditionellen Bau von Freileitungen, bei dem punktuell Tiefbauarbeiten im Bereich der Fundamentierung der Freileitungsmasten erforderlich werden, erfordert der Bau von Erdkabeltrassen umfangreiche Tief- und Ingenieurbauarbeiten unterschiedlicher Anforderung auf der gesamten Trassenlänge.
Die im Rahmen der Trassenfindung durch Amprion zunächst favorisierte Vorzugsvariante im Großraum Aachen entlang von mehreren Hauptverkehrswegen erwies sich als schwierig realisierbar. Die Trasse auf Gebiet der Stadt Aachen war durch eine enorm hohe Dichte an zu querenden Ver- und Entsorgungsleitungen und insbesondere die Parallellage zu einem sanierungsbedürftigen Straßentunnel sowie teilweise geringen Abstände zu vorhandener Wohnbebauung gekennzeichnet. Die Amprion GmbH beauftragte daher das IB Berg in einem ersten Schritt mit einer Variantenuntersuchung und Vorplanung zu einer alternativen Trassenführung im Bereich Aachen – Brand. In Folge des Ergebnisses der durchgeführten Variantenuntersuchung hat die Amprion GmbH beschlossen, den Stadtteil Aachen-Brand durch die Errichtung eines geschlossenen unterirdischen Rohrvortriebes DN 1600 zu unterqueren.
In einem zweiten Schritt wurde das IB Berg von der Amprion GmbH mit der Planung zur Errichtung der kompletten Kabelschutzrohranlage für den gesamten Trassenabschnitt auf deutscher Seite beauftragt. Die Entwicklung der Kabeltrasse erfolgte dabei wesentlich unter dem Gebot der Bündelung mit der vorhandenen Trasse von Ferngasleitungen der Firmen ThyssenGas, OpenGrid und Gascade sowie der Trasse der Autobahnen A4 und A44.
Im städtischen Umfeld, entlang großer Verkehrswegetrassen sowie im Bereich örtlicher und insbesondere überörtlicher Ver- und Entsorgungsleitungen, sind die für neue Trassen zur Verfügung stehenden Räume zumeist sehr begrenzt. Hierdurch ergibt sich eine sehr hohe Anzahl an Abwinklungen und zu kreuzenden Hindernissen. Im Verlauf der Trasse sind insgesamt etwa 650 Leitungen, Gewässer, Straßen aller Größenordnungen und Schienenverkehrswege zu unterqueren. Zu nennen sind hier insbesondere 3 Gastransportleitungstrassen und 2 Fernheizleitungstrassen, die auf langen Trassenabschnitten parallel verlaufen, sowie die ICE Trasse Köln – Aachen der Deutschen Bahn. Insgesamt werden so etwa 30 Unterquerungen von Gastransportleitungen DN 500 bis DN 1100 und von etwa 50 Abwasserkanälen in Tiefen bis ca. 6 m notwendig.
Im Rahmen der Entwurfsplanung wurde nun die tiefbautechnische Durchbarkeit geprüft und die Höhenplanung der Kabelschutzrohranlage vorgenommen. Die Höhenplanung erfolgt hierbei einerseits nach den tiefbautechnischen Kriterien wie Überdeckung und Mindestabstände zu den unterquerenden Hindernissen sowie andererseits nach kabeltechnischen und kabelzugspezifischen Kriterien. Zu berücksichtigen ist hierbei auch die maximale Länge eines Kabelabschnittes von 1.300 m, die sich aus dem hohen Gewicht der Kabelspulen (bis zu 50 t Spulengewicht) ergibt, ebenso wie die Anfahrbarkeit der Muffenstandorte für den Transport der Kabelspulen. Bei dem Kabel handelt es sich um ein VPE Kabel mit einem äußeren Leitungsdurchmesser von ca. 140 mm und einem Querschnitt von 2.500 mm² je Pol, die jeweils in ein eigenes Schutzrohr DN 250 eingezogen werden.
Im Rahmen der Entwurfsplanung wurde die Trasse darüber hinaus in Eschweiler-Röhe zur Umfahrung einer Altlast und im Bereich des Würselener Waldes (Stadt Stolberg) optimiert. Die zu querenden geschlossenen Siedlungsgebiete von Eschweiler-Röhe und Brand sowie das Schutzgebiet des Würselener Waldes werden in geschlossener Bauweise durch einen Rohrvortrieb DN 1600 unterquert, da sich andere Trassen als nicht realisier- oder vertretbar darstellten. Außer mehreren kürzeren HHD-Bohrungen werden die Ruraue, die Inde und der Augustiner Wald in Aachen mit bis zu 1.200 m langen Spülbohrungen DN 800 unterquert. Als Folge der großen Infrastrukturdichte, der vorhandenen dichten Bebauung sowie der bedeutenden Schutzgebiete werden von der Gesamtlänge der etwa 40,0 km langen Trasse ca. 9,5 km in unterschiedlichen geschlossenen Bauverfahren hergestellt.
Der Planfeststellungsbeschluss, der für Oktober 2018 erwartet wird, legt wie eine Baugenehmigung alle wichtigen Details der zukünftigen Erdkabelleitung fest. Dazu gehören der genaue Verlauf der Trasse und die zu verwendende Übertragungstechnik. Grundlage der Planfeststellung sind das Raumordnungsverfahren oder die Bundesfachplanung. Die Übertragungsnetzbetreiber müssen zunächst für jeden Korridor mehrere alternative Leitungsverläufe betrachten. Ihre Vorschläge werden öffentlich diskutiert und auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft. Am Ende steht ein Planfeststellungsbeschluss mit den Trassenverläufen, die die geringsten Belastungen für Mensch und Umwelt versprechen.
Nähere Infos zum Verfahren des Netzausbaus erhalten Sie hier.
Hier geht es zur Projektbeschreibung von ALEGrO der Amprion GmbH.