Seit einigen Jahren veranlassen viele Kataster- und Vermessungsämter der Landkreise in NRW oder Rheinland-Pfalz in regelmäßigen Abständen einen digitalen Bildflug ihres Kreisgebietes bzw. ihrer Städteregion. Diese Luftbildaufnahmen werden den Kommunen zur Verfügung gestellt, wobei die Nutzungen vielfältig sind. Luftbildaufnahmen dienen z. B. als Planungsgrundlage im Kanal-, Straßenbau und in der Städteplanung oder zu Dokumentationszwecken. Ein weiterer für die Kommunen interessanter Einsatzbereich ist die Erstellung einer sogenannten „Versiegelungskartierung“.

Hierbei wird der Bildflug stereoskopisch im 3D-Format hinsichtlich der bebauten und befestigten Flächen ausgewertet. Voraussetzung für eine hohe Genauigkeit bei der Auswertung sind hochauflösende Luftbilder. Die Bodenauflösung sollte mind. 8 cm, besser 5-6 cm betragen. Weiterhin sollte der Bildflug im Frühjahr, wenn die Bäume noch unbelaubt sind, stattfinden. In Kombination mit der Stereoauswertung ist dann eine Berechnung der versiegelten Flächen mit sehr hoher Genauigkeit möglich.

Bei einer Verschneidung der Versiegelungskartierung mit dem Liegenschaftskataster (ALK – Automatisierte Liegenschaftskarte) können dann grundstücksscharfe Auswertungen hinsichtlich der Dachflächen und der befestigten Flächen vorgenommen werden. Hierbei kann je nach Auflösung bei Bedarf sogar die Befestigungsart (z. B. Rasengittersteine, Pflastersteine, Asphalt) unterschieden werden. Auch werden die öffentlichen Verkehrsflächen (Straßen und Nebenanlagen) erfasst.

Auf dieser Grundlage kann eine Überprüfung der Bemessungsfläche für die Niederschlagswassergebühr durchgeführt werden. Zur vollständigen Aufklärung der tatsächlich am Kanal angeschlossenen Flächen erhält der Eigentümer einen Erhebungsbogen mit Darstellung der Versiegelungskartierung auf seinem Grundstück. Im Unterschied zum klassischen Selbstauskunftsverfahren enthält der Erhebungsbogen bereits eine Flächenberechnung der Dachflächen und der befestigten Flächen, wobei der Grundstückseigentümer sich dann nur noch zur Verbringung des anfallenden Regenwassers äußern muss (Kanalanschluss, Versickerung oder Einleitung in ein Gewässer).

Diese Art der Neuerfassung der Bemessungsflächen für die Niederschlagswassergebühr wurde von unserem Büro bereits für mehrere Städte und Gemeinden durchgeführt. Hierbei bestätigte sich die Vermutung, dass ein erheblicher Anteil der Flächenversiegelung beim Steueramt gar nicht erfasst war. Die Städte konnten zum Teil einen Zuwachs der angeschlossenen privaten Flächen um bis 50 % verzeichnen.
Gleichzeitig werden mit diesem Verfahren auch die öffentlichen angeschlossen Verkehrsflächen überprüft und korrigiert. Der Anteil der öffentlichen angeschlossenen Flächen beträgt je nach Struktur zwischen 33% und 40%, wobei der Anteil der Kosten am Gesamtentwässerungshaushalt für die Entwässerung der öffentlichen Flächen zwischen 12% und 16% liegt.

Eine Überprüfung dieser Zahlen lohnt sich für jede Kommune, da mit dem Zuwachs der Bemessungsfläche insgesamt der Gebührensatz in €/m² für die Niederschlagswassergebühr sowohl für den Privatmann als auch für die Kommune sinkt bzw. bei stetig steigenden Entwässerungskosten zukünftig zumindest nicht ansteigt.

Weitere Nutzungsmöglichkeiten der Versiegelungskartierung
Die Daten der Versiegelungskartierung und das digitale Geländemodell können zudem für die Kanalnetzberechnung im Rahmen der Generalentwässerungsplanung (GEP) optimal genutzt werden. In Kombination mit einem GIS-System werden die erfassten abflussrelevanten Flächen direkt den Kanalhaltungen zugewiesen. Eine aufwändige Flächenermittlung oder Flächenabschätzung ist dann nicht mehr erforderlich. Mit Hilfe des digitalen Geländemodells können weiterhin Fließwege und Geländemulden auf der Oberfläche bestimmt und somit die bei Starkregenereignissen überflutungsgefährdeten Bereiche aufgezeigt werden.

Beispiel stereoskopische Auswertung von Dachflächen und befestigten Flächen   Beispiel Versiegelungskartierung   Beispiel Lageplan Erhebungsbogen, Darstellung Grundstück mit Versiegelungskartierung (D = Dachflächen, B = befestigte Flächen)

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Dipl.-Ing. Petra Heinrichs-Stalitza
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